ANPACKEN – UND DAS MIT FREUDE NACH DER PENSION
INTERVIEW MIT JAROSLAV MILKO, HAUSWART
Fast die Hälfte der Arbeitnehmenden ab 45 Jahren könnte sich vorstellen, nach der Pensionierung weiterzuarbeiten. Wie eine Umfrage unter Arbeitnehmenden zeigt, sind Weiterbildungen und die Minderung psychischer Belastungen entscheidende Voraussetzungen für die nachhaltige Beschäftigung älterer Arbeitnehmender. Spass und gute Gesundheit sind ebenso wichtig. Die Berner Fachhochschule erhebt seit 2015 jährlich Indikatoren zur Qualität der Arbeitsbedingungen in der Schweiz. Im Jahr 2019 wurden Arbeitnehmende im Rahmen des Projekts MOZARTModelle für den zukünftigen Arbeitsmarkt 45+ gefragt, ob und weshalb sie nach der Pension weiterarbeiten möchten. 12% der über 45-jährigen Arbeitnehmenden gaben an, nach ihrer Pensionierung weiterarbeiten zu wollen; 31% möchten dies «eher tun». Es gibt also etwa gleich viel Menschen, die im Rentenalter weiterarbeiten möchten, als solche, die ordnungsgemäss in Rente gehen wollen.
Als Grund geben jene, die länger arbeiten wollen, an, dass sie Spass an der Arbeit haben und sich fit und gesund fühlen. Als dritthäufigster Grund wird von zwei Dritteln dieser Gruppe angegeben, dass sie finanziell darauf angewiesen seien. Wer nach der Pensionierung nicht weiterarbeiten möchte, begründet dies meist damit, dass die Zeit in andere Tätigkeiten investieret wird. Rund ein Drittel fühlt sich dazu gesundheitlich nicht in der Lage. Das Potential an erwerbsfähigen und motivierten Personen im Pensionsalter scheint jedoch noch lange nicht ausgeschöpft.
Ältere Arbeitnehmende wie Jaroslav Milko bringen Vorteile mit. Davon ist Bourquin überzeugt. Für unser Unternehmen ist es sehr wertvoll, dass Know-how an jüngere Mitarbeitende weitergegeben wird. Und dieses Modell funktioniert auch mit pensionierten Menschen – basierend auf Vertrauen, Verständnis und eben Freude.
EnVogue: Nach der Pension kann man das Leben endlich geniessen. Oder etwa nicht?
Jaroslav Milko: Der finanzielle Aspekt ist sekundär. Ich habe bei Bourquin viele langjährige Kollegen und geniesse die sozialen Kontakte. Und zum Glück ist bei mir der «Rentnerclick» noch nicht erfolgt.
EnVogue: Die Lebenserwartung in der Schweiz hat sich massiv verlängert, Hundertjährige sind keine Seltenheit mehr. Tolle Aussichten! Wie lange wollen Sie weiterarbeiten?
JM: Solange ich mag und Lust dazu habe.
EnVogue: So wie wir Sie bei der Arbeit erleben, sind Sie ein unternehmungslustiger Mensch. Welche sind Ihre Hobbies neben der Arbeit?
JM: Musik ist schon mein Leben lang mein grösstes Hobby. Ich spielte Bassgitarre in einer Band, die vor allem mit Tanzmusik auftrat. Durch COVID-19 mussten wir unsere Band letztes Jahr auflösen. Doch Ende September sind wir in neuer Formation wieder gestartet.
EnVogue: Wie wirkt die Pensionierung auf Sie, wenn Sie ja trotzdem mit Freude weiterarbeiten?
JM: Ich fühle mich noch nicht pensioniert. Psychisch und physisch bin ich fit, und alles ist genau gleich. Der Alltag ist wie früher. Während der Arbeit bei Bourquin fühle ich mich zu Hause.
STECKBRIEF
Name | Jaroslav Milko
Jahrgang | 1953
Verheiratet | mit Zdena (seit 1973)
Hobbies | Musik (Bassgitarre), Familie,
Hund, Arbeit
Beruf | zufrieden sein
Lieblingsland | Tschechien / Italien
Lieblings-Musikgruppe | Queen
Lieblingsgetränk | Wein
Lieblingsessen | Zürcher Geschnetzeltes
EnVogue: Viele Pensionäre sind noch bei guter geistiger und körperlicher Gesundheit – so wie Sie. Was ist wichtig, damit man auch nach der Pensionierung weiterarbeiten kann?
JM: Dass der Wille und die Eigeninitiative vorhanden sind, und man nicht wählerisch ist. Keine Arbeit schadet einem, und jede Arbeit ist wichtig.
EnVogue: Haben Sie trotzdem manchmal das Gefühl, «alt» zu sein? Wohl kaum bei der Arbeit, oder?
JM: Solange ich meine Schuhe noch selbst binden kann, bin ich noch jung (grinst).
EnVogue: Senioren kämpfen oft gegen die Altersdiskriminierung. Fehlt es
an Respekt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
JM: Ich hatte nie das Gefühl, respektlos behandelt zu werden. Ich kleide mich auch nicht wie ein «Senior», daher werde ich auch jünger eingeschätzt.
EnVogue: Derzeit gilt das Pensionsalter 65 für Männer und 64 für Frauen. Sollte man es heraufsetzen?
JM: 65 ist ein korrektes Pensionsalter.
EnVogue: Vielen Dank für das Gespräch.