Leiterin Marketing und diplomierte Biersommelière bei Doppelleu Boxerr AG
AUFREGEND, ANDERS UND CHARAKTERSTARK – DOPPELLEU
DAS INTERVIEW MIT MATHIEU ERBEIA
EnVogue: Wann haben Sie Ihr erstes Bier getrunken, Frau Roth ?
Christine Roth: Das ist schon länger her…aber ich denke, als Teenagerin. Allerdings hat mir das damalige Bier nicht so geschmeckt; und mein Durst musste schon sehr gross sein, dass ich mich für ein Bier entschied. Heute weiss ich, dass es einfach der Biertyp war, der mir nicht so besonders zugesagt hat.
EnVogue: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Zeiten der Covid-19 Pandemie aus ?
CR: Während des Lockdowns leisteten wir Kurzarbeit. Da wir aber im Marketing azyklisch arbeiten, durften wir schon bald wieder unsere gewohnte Arbeitsleistung aufnehmen. Die Bereiche, die näher mit der Gastronomie und den Events verknüpft sind, mussten leider noch etwas länger ausharren. Vom Arbeitsalltag aus gesehen waren unsere Aufgaben unverändert – oft planen wir ja mindestens ein halbes Jahr im Voraus und die Aktionen für den Detailhandel liefen wie geplant.
EnVogue: Wie viele Mitarbeitende von Doppelleu Boxer AG arbeiten denn aktuell von Zuhause ?
CR: Aktuell arbeiten wir alle wieder im normalen Modus. Seit jeher ist das Verhältnis Homeoffice und Büro in unserem Unternehmen sehr grosszügig gehalten. Da wir aber eng miteinander arbeiten, haben sich alle gefreut, wieder vor Ort zu sein und sich mit den Kollegen auszutauschen.
EnVogue: Die Krise betrifft Sie ja nicht nur privat, sondern auch das Unternehmen. Welche Sorge beschäftigt Doppelleu Boxer AG in diesen Tagen am meisten ? Und wie versuchten Sie die aktuelle Krise zu meistern ?
CR: Stark betroffen sind wir vom kompletten Einbruch der Eventbranche. Und das bleibt auch ein Thema, das uns noch länger beschäftigen wird. Der Knick in der Gastronomie ging leider auch nicht ohne Folgen an uns vorbei, jedoch spüren wir da eine dezente Erholung. Unsere Mitarbeitenden im Vertrieb haben stets den Kontakt zu den Gastronomen aufrecht erhalten und versucht, ihnen auch in den schwierigen Zeiten als Partner zur Seite zu stehen.
EnVogue: Verschiedene Bierbrauer in Europa fürchten um ihre Zukunft. Wie sieht die Situation in der Schweiz aus ?
CR: Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Es gibt Brauereien, die sind stark auf die Gastronomie ausgerichtet, wieder andere konzentrieren sich auf ein B2C-Business. Ich denke, das wird sich für jeden einzelnen Betrieb zeigen. Prinzipiell stellt sich in der heutigen Situation die Frage, welche Branche sich keine Gedanken um die nahe oder ferne Zukunft machen sollte…
Die junge Brauerei aus Winterthur ist von Craft Breweries aus Übersee und den englischen und belgischen Bierstilen inspiriert. Doppelleu ist eine Anspielung auf die beiden Winterthurer Leuen im Wappen.
Mit zwei Mitarbeitern wurde gestartet. Man produziert obergärige Craftbiere. «Was im Ausland längst boomt, hat auch in der Schweiz Potential», so die Meinung des Unternehmens. Und tatsächlich: Die Winterthurer Chopfab und Doppelleu Biere finden laufend mehr Freunde. Mittlerweile sind die obergärigen Spezialitätenbiere schweizweit an über 2000 Verkaufsstellen erhältlich.
EnVogue: Wie stark trifft der Einbruch im Gastrogeschäft Doppelleu Boxer ?
CR: Nicht ganz so stark wie die Veränderungen im Bereich Events. Wir wünschen uns auch für unsere Kunden der Gastronomie, dass sich die Situation etwas erholt. Mit den kühleren Monaten wird sich das Geschäft wieder auf die Innenräume konzentrieren, und da wird es teilweise wieder schwieriger, die gegebenen Massnahmen einzuhalten. Wir werden versuchen, unsere Kunden so nahe wie möglich zu begleiten und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wo es geht.
EnVogue: Nun läuft ja der andere wichtige Teil Ihres Geschäfts weiter: der Verkauf im Detailhandel. Wie sieht die Entwicklung dort aus ? Gibt es unterschiedliche Trends im Bereich Bier, Wein oder Spirituosen ?
CR: Das können wir so nicht feststellen. Die Schwankungen entsprechen den saisonalen Standards und wir verzeichnen keine massgeblich veränderten Trends.
EnVogue: Haben die Online-Bestellungen ebenfalls zugenommen ? Das Online-Geschäft boomt ja regelrecht und erst recht mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie, oder ?
CR: Durch unsere konsequente indirekte Vertriebsstrategie konzentrieren wir uns aufs B2B Geschäft. Online wäre eher B2C, und da planen wir einen Shop, welcher der interessierten Kundschaft vor allem unsere Nebensortimente näher bringt.
EnVogue: In Ihrer Homepage schreiben Sie: Unsere Hauptaufgabe ist es, ein leckeres und exklusives Bier zu brauen. Den Verkauf und Versand unserer Spezialitäten überlassen wir den Profis. Deshalb können Sie Doppelleu Boxer Biere direkt in den folgenden Online- Shops bestellen: Somit ein «indirekter» Online-Shop ?
CR: Nein, bisher einfach KEIN Online Shop. Mit der indirekten Vertriebsstrategie betrachten wir uns als Partner unserer Kunden und vermitteln ihnen deshalb unseren Traffic auf der Website als Plattform für ihr Angebot.
EnVogue: Doppelleu Boxer AG «mischt» ja auch im Wein- und Spirituosenbereich mit. Wie sieht die Entwicklung in diesen Bereichen aus ?
CR: Beide Sortimentsteile sind auf die Gastronomie ausgerichtet. Von daher wird sich die Entwicklung mit der neuen Situation durch COVID-19 zeigen.
EnVogue: Doppelleu Boxer AG orientiert sich beim Bier ja an Craft-Brauereien, die auf der einen Seite stark gehopfte Spezialitäten verkaufen, auf der anderen Seite aber auch leichtere Biere. Wie sehen Sie die Entwicklung seit der Gründung von Doppelleu ?
CR: So ist das nicht ganz richtig: Wir bewegen uns für Craft Beer in der Nische der obergärigen Spezialitätenbiere. Diese sind je nach Rezeptur tendenziell stärker gehopft oder mit besonderen Zutaten angereichert. Durch die Heirat mit der Bière du Boxer S.A. haben wir uns nicht nur in der Romandie einen Anker gesetzt, sondern gleichzeitig das Sortiment auf untergärige Biere ausgeweitet. Dass unser Angebot von unterdessen 24 verschiedenen Bierstilen sowohl leichte als auch schwerere Biere umfasst, liegt da natürlich auf der Hand.
EnVogue: Was war das aussergewöhnlichste Bier, das Sie jemals getrunken haben, und welche sind die nächsten Bier-Trends ?
CR: Früher dachte ich, ich würde nie ein richtiges Sauerbier trinken können. Heute gibt es fast keine Gelegenheit, die ich nicht nutze, um irgendeine verrückte Bierspezialität auszuprobieren. Aber das ist für uns in der Branche vollkommen normal und keinesfalls aussergewöhnlich. Und was die Trends angeht: Erlaubt ist, was gefällt ! Gerade in der Schweiz gibt es sehr viele kreative Brauer, welche sich mit vielen Ideen gegenüber ihren Kollegen und Mitbewerbern profilieren – und das in jede denkbare Richtung. Es ist und bleibt spannend – das dürfte der Trend sein. Mut haben, was Neues und Besonderes zu probieren. Und zwar als Brauer aber auch als Konsument.
EnVogue: Sie haben auch dieses Jahr einen Adventskalender produziert. Tradition?
CR: Ja, auch dieses Jahr gibt es einen Adventskalender von Doppelleu Boxer. Einerseits sind darin Biere aus unserem Standardsortiment zu finden, andererseits ist es Tradition, dass sich beide Brauereien auch einmalige Spezialitäten einfallen lassen. So steckt nicht nur hinter jedem Türchen ein anderer Bierstil, sondern teilweise auch eine sonst nicht erhältliche Exklusivität, die mit viel Freude und Engagement entstanden ist. Wie zum Beispiel das Bier, welches unsere Lernenden entwickelt und produziert haben. Oder ein Collaboration Brew zusammen mit einer dritten Braurei. Mehr verraten wir an dieser Stelle nicht – das soll jedes Türchen selber offenbaren