Balance aus Romantik und Realismus
Engagement von Guido Bardelli für den Fussballsport im Oberaargau
Langenthals Sportkultur wird in der Aussenwahrnehmung in erster Linie geprägt durch den SC Langenthal. Dem Eishockey verdankt Langenthal den Platz auf der nationalen Sport-Landkarte. Die Langenthaler haben inzwischen dreimal die zweithöchste Liga des Landes gewonnen (2012, 2017 und 2019) und hätten sie ein entsprechendes Stadion, wäre der Aufstieg in die höchste Liga eine realistische Option.
Der SC Langenthal ist ein Unternehmen des Profihockeys mit einem jährlichen Umsatz von nach wie vor mehr als drei Millionen und löhnt landesweit bekannte Persönlichkeiten wie Geschäftsführer Alex Chatelain und Sportchef Kevin Schläpfer. Der langjährige Präsident und Hauptaktionär Stephan Anliker hat als charismatische Führungspersönlichkeit spätestens nach der vorübergehenden Übernahme des GC-Präsidiums nationale Bekanntheit erlangt. Und wie steht es mit dem Fussball? Nur Kenner der regionalen Szene können sofort und ohne im Smartphone nachzuschauen, sagen in welcher Liga der FC Langenthal spielt: In der 1. Liga. Die 1. Liga ist nach der Super League, der Challenge League und der Promotion League die vierthöchste Spielklasse. Von den Strukturen her ist die 1. Liga die höchste Amateurliga des Fussballs. Der FC Langenthal ist also kein Unternehmen im Profisport wie der SC Langenthal. Sondern ein Fussball-Club im romantischen Sinne. Niemand ist zu hundert Prozent angestellt. Mit dem FCL-Gesamtbudget von 600’000 Franken könnte der SC Langenthal gerade mal seine Kosten fürs Büropersonal finanzieren.
Eine lange Geschichte
Und doch ist der FC Langenthal eine Institution. Mit einer langen Geschichte (1902 gegründet) und einer reichen Kultur ist er 44 Jahre älter als der SCL. In den besten Zeiten zweimal eine Saison in der zweithöchsten Liga (damals NLB): 1959/60 und 1969/70. 1959 gelang die Promotion in den Aufstiegsspielen gegen Moutier und Brühl St. Gallen, 1968 gegen Monthey und Frauenfeld. 1965 wurde der NLB-Aufstieg gegen St. Gallen, Etoile Carouge und Fribourg verpasst, 1966 gegen Xamax, Wettingen und Zug. Langenthals Fussballer hatten also auch schon ihre Auftritte auf der grossen Bühne gegen grosse Namen. Die ruhmreiche sportliche FCL-Vergangenheit wird zusätzlich gewürzt durch ehrenhafte Niederlagen gegen die Grossen im Schweizer Cup: Etwa 0:6 gegen Lausanne (1962/63), 3:6 gegen Thun (1963/64), 4:6 gegen Luzern (1968/69) oder 0:6 gegen Basel (1984/85). Hingegen ist es nie gelungen, den Ligaerhalt im Profigeschäft zu sichern und sich in der zweitobersten Liga zu etablieren.
Aber unter der umsichtigen Führung von Guido Bardelli ist die sportliche Konsolidierung in der höchsten Amateurklasse erreicht worden: Der FC Langenthal war jahrelang für die 2. Liga eigentlich zu gut, aber doch nicht gut genug für die 1. Liga. 2004 gelingt der Aufstieg in die 1. Liga, ein Jahr später folgt gleich wieder die Relegation. Im Frühjahr 2009 wurde – fünf Spiele vor Schluss – die Abstiegsgefahr akut. Also wurde der ebenso geschäftstüchtige wie legendäre Andy Egli als Nothelfer angefragt. Der habe für diese fünf letzten Spiele ein relativ hohes Honorar verlangt. Guido Bardelli sei es schliesslich aber gelungen, einen Kompromiss auszuhandeln. Im Frühjahr 2017 ist der Wiederaufstieg in die 1. Liga und (seither unter Trainer Willy Neuenschwander – er ist im Herbst 2017 zum vierten Mal nach 1972, 1980 und 2009 FCL-Trainer geworden) die Sicherung des Ligaerhaltes gelungen. Inzwischen hat sich der FCL im sicheren vorderen Mittelfeld der höchsten Spielklasse der Amateure positioniert. Damit ist Langenthal die erste Fussballadresse im Berner Mittelland zwischen Bern (mit YB) und Aarau (mit dem FC Aarau). Auf Augenhöhe mit so berühmten Klubs wie dem FC Solothurn oder Münsingen und besser sogar als Grenchen oder Olten.
Schon als Spieler beim FC Langenthal
Eigentlich ist Guido Bardelli ein Fussball-Romantiker mit Sinn für Realismus. Er hat seine Wurzeln in Leggiuno, einem Dorf mit knapp 4000 Einwohnern am Lago Maggiore. Es ist der Geburtsort der italienischen Fussball-Legende Luigi «Gigi» Riva. 1954 kommt Guido Bardelli in die Schweiz und die Gesetze sind damals noch so, dass die Familie anfänglich nicht mitkommen darf. Beim FC Langenthal bringt Guido Bardelli es als Junior bis in die Kantonale Auswahl. Eine grosse Karriere macht er als Flügelstürmer auf den regionalen Fussballplätzen nicht. Dafür ist er ein erfolgreicher Unternehmer geworden (Verpackungsgruppe Bourquin SA mit Sitz in Oensingen + Couvet). Und die wichtigste Persönlichkeit in der neueren Geschichte der Langenthaler Fussballkultur. Die Rankmatte ist seit 1923 der Heimplatz und gehört dem FC Langenthal. Finanzielle Zuwendung von der Gemeinde werden lediglich bei Um- und Ausbauten erforderlich. Etwa beim Einbau eines Kunstrasens, den die Gemeinde mit einem Kredit in der Höhe von 1,9 Millionen mit einer Laufzeit von 30 Jahren möglich gemacht hat. Das Budget von rund 600’000 Franken ist nur mit Sponsoren finanzierbar. Guido Bardelli steuert (mit BRIEGER VERPACKUNGEN) im Jahr einen namhaften Betrag als Hauptsponsor bei. Er ist zuversichtlich, dass es in Langenthal mittel- und langfristig möglich ist, den Klub weiterhin in der 1. Liga zu finanzieren. Guido Bardelli hat inzwischen das Präsidium an Thomas Biedermann übergeben. Als Ehrenpräsident, Beisitzer im Vorstand, Hauptsponsor und Gründer einer Stiftung für die Junioren gehört er nach wie vor zu den Schlüsselfiguren des FCL. Als Diplomat, Romantiker, geduldiger Netzwerker, leise in der Art und doch stark in der Tat ist er eine Art «Vaterfigur».