Strategic Purchaser, B. Braun Medical AG
Hohe Lieferbereitschaft oder niedriger Lagerbestand? Beides!
INTERVIEW MIT KIRSYS PRIEM
Die Technologie und Digitalisierung verändert die Geschäftswelt. Besonders deutlich wird das im Einkauf. Denn der ist nicht mehr nur eine taktische Funktion, die sich nur auf Effizienz und Einsparungen fokussiert, sondern eine strategische Kraft, die Innovationen und messbare Beiträge vorantreibt.
Im Gespräch mit Frau Kirsys Priem, strategische Einkäuferin bei B. Braun Medical AG. Wir fragen Sie zu den aktuellen Status quo des Einkaufswesens und wollen von ihr wissen, welche Herausforderun-gen und Chancen der digitale Wandel mit sich bringt.
Fakten
Die B. Braun Medical AG Gruppe ist ein weltweit führender Hersteller von medizinischen und pharmazeutischen Produkten und Dienstleistungen. Dank einer breiten Produktpalette ist man einer der führenden Hersteller von Medizinalprodukten. Dieser Status gepaart mit Dienstleistungskompetenz machen B. Braun Medical AG zu einem der Marktführer auch auf dem Schweizer Markt.
www.bbraun.ch
EnVogue: Wie sieht der Einkauf von B. Braun Medical AG aus?
Kirsys Priem: Diese Abteilung wird sehr stark angegangen und behandelt die unterschiedlichsten Anfragen von Seiten der Kunden.
EnVogue: Wie ist Ihr Bereich organisatorisch eingebettet?
K.P: Wir sind ein dynamisches Team von sieben Einkäuferinnen und Einkäufern, die sich auf die drei Standorte in Crissier, Sempach und Escholzmatt aufteilen, unter der Leitung des Verantwortlichen, Martijn Hegeman. Eine Assistentin vervollständigt unsere Team; sie macht weitaus mehr als assistieren, denn sie überwacht und betreut auch Projekte.
EnVogue: Ein Traditionsunternehmen wie B. Braun Medical AG verfügt über einen zuverlässigen Lieferantenstamm, der seit vielen Jahren dem Unternehmen verbunden ist. Wie bereiten Sie diese Lieferanten auf Veränderungen oder neue Vorgaben von B. Braun Medical vor?
K.P: Mit unseren Lieferanten arbeiten wir schon seit langer Zeit auf partnerschaftlicher Basis zusammen. Der regelmässige Austausch und die Aufrechterhaltung dieser Beziehungen funktionieren dank der guten Zusammenarbeit und der gemeinsamen Suche nach Ideen, Projekten und Lösungen.
EnVogue: Wie haben sich die Anforderungen in Ihrem Unternehmen an den Einkauf im Allgemeinen, aber auch hinsichtlich des Einkaufs von Verpackungen und Dienstleistungen in den letzten Jahren geändert? Was sind die Herausforderungen?
K.P: Bei uns in der Pharmaindustrie hat die Qualität oberste Priorität, da das fertige Produkt ganzheitlich bei unseren Kunden – wie Spitäler, Patienten und Apotheken –ankommen muss. Wir arbeiten stets daran, die Abläufe zu optimieren, was zwangsläufig Auswirkungen auf unsere Lieferanten hat, wie beispielsweise veränderte Nachfrage resp. Verbesserungen bei unseren Verpackungen usw. Die Umwelt und die Verwertbarkeit unserer Produkte werden immer wichtiger. Die Heraus-forderung besteht darin, Lösungen zu finden, die diese Erwartungen erfüllen.
EnVogue: Welche neuen Aufgabenbereiche beziehungsweise Herausforderungen müssen Sie als strategische Einkäuferin heute im gesamten Einkaufsprozess meistern?
K.P: Unsere Funktion besteht nicht mehr darin, Rohstoffe zu kaufen und über die Preise zu verhandeln. Wir müssen unsere Kenntnisse durch eine enge Zusammenarbeit mit der R&D-Abteilung und mit regulatorischen Angelegenheiten erweitern, sodass wir die er-forderlichen Produktvorgaben berücksichtigen können.
EnVogue: Verändern sich durch diese neuen Aufgabenbereiche und Herausforderungen auch die Einkaufsmöglichkeiten? Wenn ja, wie?
K.P: Tatsächlich, heute stehen wir einer verstärkten Nachfrage nach Produkteigenschaften gegenüber, die unsere Einkaufsmög-lichkeiten einschränken und uns manchmal dazu bringen, dass wir unseren Projektansatz überdenken.
EnVogue: Was sind die typischen «Schwierigkeiten», wenn der Einkauf solche Herausforderungen bewältigt?
K.P: Die Schwierigkeit besteht darin, alle Elemente zusammenzubringen. Insbesondere die Produktqualität und -eigenschaften. Ein Beispiel dafür sind unzulässige Produktionsrichtlinien. Ein einziges fehlendes Element kann dem Projektabschluss im Weg stehen.
EnVogue: Worauf muss Ihrer Meinung nach beim Einkauf von Verpackungen und Dienstleistungen insbesondere Wert gelegt werden?
K.P: Auf die technischen Daten des Kunden gemäss den Produkten, die verpackt werden müssen. Es müssen daher die notwendigen Tests durchgeführt werden, um die Verpackung zu überprüfen. Natürlich ist das Know-how des Zulieferers ein wesentlicher Faktor.
EnVogue: Welche gemeinsamen Massnahmen können wir als Lieferant von B. Braun Medical AG ergreifen, um die bestehende Zusammenarbeit zu verbessern und einen weiteren Beitrag zu leisten?
K.P: Durch einen kontinuierlichen und proaktiven Austausch können wir unsere Abläufe optimieren und unsere Verpackungen im Laufe unserer aktuellen Projekte vereinheitlichen.
EnVogue: Der digitale Wandel ist bereits angekommen und hat Auswirkungen auf fast jeden Berufszweig eines Unternehmens. Wie wird sich die Rolle des Einkaufs aus Ihrer Sicht verändern und wie werden sich die Tätigkei-ten in Zukunft weiterentwickeln?
K.P: Der digitale Wandel ist enorm wichtig. Bei uns im Einkauf arbeiten wir bereits aktiv an einem digitalisierten Versand der Bestellungen. Bald werden die Einkäufe von bestimmten Produkten über eine Plattform (Ariba, E-Buy) ablaufen, welche die Abläufe durch das Wegfallen bestimmter Schritte vereinfacht.
EnVogue: Welche weiteren Veränderungen und Innovationen sind aufgrund des digitalen Wandels noch zu erwarten? Was ist Ihre Einschätzung dazu?
K.P: SCM hat das VMI (Vendor Management Inventory) eingeführt, das direkten Zugang zu unseren Lagerbestands- und Nachfragedaten gewährt. Dies ermöglicht unseren Zulieferern, ihre Produktionen das ganze Jahr über proaktiv zu gestalten, sodass sie auf alle Veränderungen der Planung von B. Braun reagieren können. Wir haben das VMI bereits 2020 erstmals mit Bourquin getestet. Sobald die Umsetzung des VMI in Crissier erfolgt ist, wird dies auch an anderen Standorten der Schweiz eingeführt.
EnVogue: Um die digitalen Veränderungen voranzutreiben, müssen alle Abteilungen eines Unternehmens miteinbezogen werden. Welche Rolle kann aus Ihrer Sicht der Einkauf dabei einnehmen?
K.P: Indem wir unseren internen und exter-nen Kunden leistungsfähige digitale Hilfsmit-tel zur Verfügung stellen, welche die Qualität der Dienstleistung und die Zufriedenheit erhöhen. Mit dem Ziel, die Funktionen des Einkaufs auf Aufgaben mit einem hohen Mehrwert umzulenken.